Die Namen der Liebe


Entstanden sind kurze Videos, die oft nicht viel länger sind als ein Liebeslied. Und doch steht jede Namensreihe für ein ganzes Liebesleben. Zu einigen Bildschirmen kann man sich hinsetzen, andere sind so positioniert, dass man sich leicht bücken muss, damit man die Namen auf den leise eingestellten Tonspuren verstehen kann. So entsteht eine intime Nähe, wenn man die Namen der Geliebten hört. Ein Ferdinand wird genannt. Wer das wohl war? Die grosse Liebe, ein kurzer Flirt oder doch nur eine Enttäuschung? Wir werden es nicht erfahren. Gleich mehrere Geheimnisse behält jene Frau, die zwischen den einzelnen Namen lange Pausen macht und sich dabei offensichtlich an Menschen erinnert, die sie uns verschweigt. Das ist ihr gutes Recht, denn schliesslich ist das voyeuristische Detektivspiel nur eine Ebene von Staubs Installation. Eine zweite erreicht man, wenn man sich zu den Lautsprechern stellt, die an den Tragebalken des Raums montiert sind. Von hier aus überblickt man alle Bildschirme und hört Collagen, die aus den einzelnen Namensreihen zusammengeschnitten wurden. Man beginnt, Memory zu spielen. Der eben genannte Ken wurde doch von jenem jungen Mann da hinten geliebt. Und Ferdinand gehört doch zu der Dame da drüben, die nur ausgestorbene Namen nennt. Und dann beginnt man sich selbst an all jene Menschen zu erinnern, die man geliebt hat: die Verflossenen, die Überschätzten, die Unerreichbaren und die Unsterblichen. Ach...

Tages-Anzeiger, 16. April 2012


Eine Namensymphonie wird man hören, wenn man den Ausstellungsraum in der Gessnerallee betritt; auf Bildschirmen wird man die Befragten sehen, wie sie die Namen ihrer Lieben nennen - und dann wird man sein eigenes Liebesleben Revue passieren lassen. Vielleicht wird man ein wenig in sich hineinseufzen, wenn man sich an all die Verflossenen erinnert. Aber immer wird man dabei in die Gesichter von anderen schauen, die auch geliebt haben. Und man wird von unzähligen Namen umgeben sein, von denen jeder für einen Menschen steht, der mindestens einmal geliebt wurde. So schön!

Züritipp, 12. April 2012


Zürich, Gessnerallee,
13. – 28. April 2012



Credits

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Die Namen der Liebe - Trailer


http://erinnerungsbuero.net/files/gimgs/23_liebesnamenstills.jpg