Portrait

Mats Staub (*1972) lebt und arbeitet als Künstler und Dramaturg in Basel.
Er studierte in Bern, Fribourg und Berlin Theaterwissenschaft, Journalistik und Religionswissenschaft (lic. phil. hist). Von 2001 bis 2004 war er am Theater Neumarkt in Zürich engagiert, wo er zunächst als Assistent und dann als Dramaturg vorwiegend Projekte und Uraufführungen betreute. Von 2004 bis 2006 lebte er in St. Petersburg, führte mit dem Projekt 5000 Liebesbriefe eine Russlandtournee durch und erarbeitete eine österreichische Version für die Wiener Festwochen 2006. Seit 2008 ist er mit dem Langzeitprojekt Meine Großeltern unterwegs. Im September 2010 präsentiert er sein neues Langzeitprojekt Feiertage in der Kaserne Basel.

5000 Liebesbriefe

5000 Liebesbriefe wurde am Theater Neumarkt in Zürich mit der Ausstatterin Barbara Pulli in der Spielzeit 03/04 realisiert. Im Februar 2005 erarbeitete Mats Staub zusammen mit Svetlana Marchenko in St. Petersburg eine russische Version, die in Moskau, Novgorod und Ekaterinburg auf Tournee war und mehrfach ausgezeichnet wurde. Für die Wiener Festwochen 2006 wurden Liebesbriefe aus ganz Österreich gesucht, mit 84 Sprecherinnen und Sprechern eingelesen und während der Festwochen in fünf Wiener Kaffeehäusern präsentiert. (Pressestimmen zu 5000 Liebesbriefe)

Meine Großeltern

Audiomaterial und die Auswahlmöglichkeit für das Publikum sind auch bei Meine Großeltern wiederum zentral, als Leitmedium dient diesmal der generationenspezifische iPod. Im Zentrum des Erinnerungsbüros steht das persönliche Gespräch, das von Mats Staub mit jeweils einer Besucherin, einem Besucher während 30 - 50 Minuten geführt und aufgezeichnet wird. Beim Versuch, seine eigenen vier Herkunftslinien nachzuzeichnen, stellt man beglückt fest, dass plötzlich Dinge auftauchen, von denen man gar nicht wusste, dass man sie noch als Erinnerung in sich trägt. Zugleich wird man sich bewusst, wie gross die Lücken sind. Und gerade bei diesen weissen Flecken in unseren Erinnerungen an Erzählungen beginnt es spannend zu werden.

Inzwischen wurden von Mats Staub mit mehr als 250 Enkelinnen und Enkeln Gespräche geführt, auf Schweizer- und Hochdeutsch, Englisch und Französisch. Das «Erinnerungsbüro» ist weiterhin unterwegs – nächste Station ist Hamburg – zugleich erweitert sich das Langzeitprojekt auch formal: Im Museum für Kommunikation in Bern wird mit «Geschichten zur Erinnerung» erstmals ein Querschnitt aus dem reichhaltigen Fundus als Audio-Ausstellung präsentiert. Und in der Edition Patrick Frey erscheint das Buch «Meine Grosseltern / My Grandparents».

Feiertage

Nach 5000 Liebesbriefe und Meine Grosseltern kreist auch das neue Langzeitprojekt von Mats Staub um Alltagsgeschichte, Erinnerung und Imagination: Feiertage zielt aber direkter auf eigene Lebensgeschichten und arbeitet bewusst mit dem Mittel der Reduktion. Das Erzählen wird dabei vordergründig auf ein Minimum reduziert – aufs Zählen. Feiertage stellt Fragen zum eigenen Lebenslauf: persönliche Fragen, die sich jedoch – meist nach längerem Nachdenken – mit einer Zahl beantworten lassen.

Wie viele Geburtstage hast du mit einem grossen Fest gefeiert?
Wie viele Berufe hast du bislang ausgeübt?
In wie viele Menschen hast du dich verliebt?

Die Installation wird erstmals an der Kaserne Basel im Rahmen des 30-Jahre-Jubiläums präsentiert. Aus diesem Anlass werden vierzehn Frauen und Männer befragt, die sich alle in ihrem Dreissigsten Jahr befinden: Feiertage | Jahrgang 1980. Zu jeder Frage wird ein Video präsentiert - es zeigt Menschen, denen diese Fragen soeben gestellt wurden und verfolgt den Prozess bis zu ihren Antworten. Die Besucher der Installation sehen Gesichter, die ihr Leben Revue passieren lassen – Gesichter, die sich von Frage zu Frage weiter ergründen lassen –, und sie hören Antworten, die dazu einladen, in Zahlen zu lesen.